Vor 90 Jahren haben Hamburger Studierende im Namen des Nationalsozialismus Bücher verbrannt. Einige Studierende haben Widerstand gegen den Nationalsozialismus geleistet und wurden deswegen ermordet.

Heute setzen sich Studierende massiv gegen Rechtsextremismus ein und gedenken der Bücherverbrennung. Dennoch werden sie weiterhin bedroht, sowohl mit Bombendrohungen [1], als auch mit Morddrohungen auf dem Campus [2] sowie im Internet [3]. 

Es werden auch heute noch Menschen im Namen des Nationalsozialismus ermordet. Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) hat zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen ermordet, darunter acht türkischstämmige und ein griechischstämmiger Mann sowie eine Polizistin. Das waren keine Einzelfälle.

Es muss einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum NSU geben

Die rechtsextreme Vernetzung und das Versagen der Sicherheitsbehörden bei der Aufklärung der Taten macht eine vollständige Aufarbeitung notwendig. Acht Bundesländer und der Bundestag haben parlamentarische Untersuchungsausschüsse (PUA) eingesetzt. Hamburg hat als einziges Bundesland, in dem NSU-Morde stattgefunden haben, keinen PUA eingesetzt.

Am 13. April wurde die Einführung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum NSU von der Mehrheit der Hamburger Bürgerschaft mit Stimmen der SPD, Grünen, CDU und AfD abgelehnt. Eine alternative „wissenschaftliche Studie“ genügt nicht, um eine vollständige Aufarbeitung weiterzuführen und effektiv gegen Rechtsextremismus vorzugehen. Warum sich die Parteien gegen einen PUA aussprechen, ist nicht nachvollziehbar, wirft Fragen auf und untergräbt das Vertrauen in Aufklärungsstrukturen.

Dazu Marlene Wieder, Vorsitzende des AStA der Universität Hamburg: “Es fällt auf, dass in anderen Bundesländern wie beispielsweise Bayern bereits die zweiten Untersuchungsausschüsse laufen, während Hamburg in Sachen Aufklärung nicht nur hinterherhinkt, sondern sich aktiv weigert. Gerade angesichts des bevorstehenden Jahrestags der Befreiung, dem 8. Mai, ist dies und damit die mangelnde Auseinandersetzung mit dem heutigen Nationalsozialismus umso beschämender.“

Gewissensentscheidungen dürfen nicht bestraft werden

Dass selbst SPD und Grüne hier versagen, ist leider nicht unerwartet. Allerdings setzen die Grünen nun ein weiteres Zeichen gegen Antifaschismus: Die Grünen-Abgeordnete Miriam Block stimmte entgegen ihrer Fraktion für den PUA. Als Konsequenz wurden ihr am Montagabend all ihre Fraktionsämter aberkannt[1] . Hierfür stimmten mehr als ⅔ der Grünen-Abgeordneten, die damit eine moralische Entscheidung abstrafen, die selbst von den Grünen Hamburg geteilt wird  [4].

Anna Miora Gerull, Vorsitzende des AStA der TUHH: “Miriam Block ist seit einigen Jahren Sprecherin für Wissenschaft und Hochschule. In dieser Zeit haben wir viel diskutiert, uns gestritten und Verständnis füreinander gefunden. Durch ihre Arbeit haben wir sie als kompetente und engagierte Person kennengelernt, die sich effektiv für die Zusammenarbeit aller Beteiligten der Hochschulen einsetzt. Für ihre Arbeit hat sie unseren tiefsten Respekt und volle Solidarität.”

Dass sie nun dieses Amt abgeben musste, ist sowohl ein Zeichen des Versagens der Hamburger Grünen als auch ein Verlust für die Hochschulen Hamburgs.

  • AStA der Universität Hamburg
  • AStA der Technischen Universität Hamburg
  • AStA der Hafencity Universität
  • AStA der Hochschule für Musik und Theater Hamburg

Ansprechpartnerin für Pressefragen:
Katharina Müller
Referentin für Öffentlichkeitsarbeit und Presse
AStA der Universität Hamburg

Links
[1] https://www.uni-hamburg.de/newsroom/im-fokus/2019/1024-bombendrohung.html
[2] https://www.welt.de/regionales/hamburg/article144836043/Morddrohung-wegen-Fluechtlingshilfe-gegen-Uni-AStA.html
[3] https://www.mopo.de/hamburg/absender-gibt-sich-als-soldat-aus-asta-vorsitzender-bekommt-morddrohung-auf-instagram-38416374/
[4] https://beschluss.gruene-hamburg.de/2021/05/30/antifaschismus-heisst-konsequente-aufklaerung-offenlegung-von-rechtsextremen-strukturen-und-strukturellem-rassismus/